Eine Weiterbildung im Bereich Compliance und die Ausbildung eines Spezialisten innerhalb eines bestehenden Compliance Management Systems (CMS) mit der Integration eines Tax Compliance Officers hat mit einem Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) aus dem Jahr 2017 an Bedeutung gewonnen.
Erhöhte Mitwirkungspflichten, Vorgaben im Hinblick auf Transparenz, sowie Dokumentationspflichten und die Digitalisierung stellen die Funktionen und Vorgaben jedes Unternehmens im Bereich der Steuerfunktion vor immer größere und vor allem neue Herausforderungen. Veränderte rechtliche Rahmenbedingungen und eine deutlich gestiegene und restriktive Handhabung durch das Finanzamt verstärken dies deutlich.
Ein Tax Compliance Officer im Unternehmen? Ein Thema, welches nach heutigem Stand für jedes Unternehmen, gleich welcher Größe und Branche, sowohl im Hinblick auf persönliche Haftung für die Geschäftsführung als auch im Hinblick auf Korruption oder sonstige globale Gefahren und im Hinblick auf Geldbußen gegen das Unternehmen, von größter Wichtigkeit ist.
Umso mehr, da der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung (BGH 1 StR 265/16) vom 9. Mai 2017 bestätigt hat, dass ein funktionierendes Tax Compliance Management System bei der Festsetzung von Strafen, zum Beispiel im Tatbestand der Korruption, oder bei der Bemessung von Bußgeldern bei Steuervergehen oder steuerlichen Missständen berücksichtigt werden kann.
Das Landgericht München I verurteilte den Mitarbeiter eines Rüstungsunternehmens wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Gleichzeitig beschloss das Landgericht eine Geldstrafe gegen ein, in diesem Zusammenhang, beteiligtes Unternehmen in diesem Strafverfahren, bei dem der Angeklagte als Prokurist und leitender Mitarbeiter beschäftigt war.
Hintergrund waren Tatbestände der Korruption zwischen der Geschäftsleitung des beteiligten Unternehmens und dem damaligen Verteidigungsminister aus Griechenland und dessen Mitarbeitern. Der Angeklagte erhielt verdeckte Provisionszahlungen, welche er gegenüber dem zuständigen Finanzamt nicht offenlegte. Darüber hinaus zahlte das beteiligte Unternehmen in zwei Fällen Provisionszahlungen an einen Mittler „vor Ort“, der seine Dienstleistungen im Rahmen der Bestechungsabrede in Griechenland erbracht hatte. Diese Provisionszahlungen verbuchte das Rüstungsunternehmen fälschlicherweise als Betriebsausgaben, was sich im Jahresabschluss gewinnmindernd auswirkte.
Nachdem in Griechenland die dortigen Behörden wegen diesen Korruptionsvorwürfen Ermittlungen einleiteten, gab der Angeklagte in Deutschland die Selbstanzeige ab, um für ihn strafmildernde Umstände zu erzielen. Die ausführliche Darstellung aller Hintergründe und Details finden Sie in unserem Compliance-Blog.
Die Besonderheit ist, dass der BGH bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße, auch Erkenntnisse zu dem betriebsinternen Kontrollsystem einfließen lassen will. So sei stets in Betrachtung zu ziehen, ob das Unternehmen ein effizientes Compliance Management System (CMS) im Unternehmen integriert hat, das auf die Verhinderung von Rechtsverstößen ausgelegt ist, und ob es in der Folge eines Verfahrens entsprechende Compliance-Regelungen optimiert und seine betriebsinternen Abläufe so gestaltet hat, dass vergleichbare Regelverletzungen zukünftig jedenfalls drastisch erschwert werden.
Mit dem Anwendungserlass zu § 153 AO hat sich das Bundesministerium für Finanzen (BMF) bereits in 2016 zur Thematik und der Wirkung eines Tax Compliance Management-Systems (Tax CMS) im Unternehmen geäußert. Danach kann bei Berichtigungserklärungen ein Tax CMS ein Indiz gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit darstellen und damit zugunsten des Steuerpflichtigen wirken, indem die Anzeige als Berichtigungserklärung gemäß § 153 AO und nicht als Selbstanzeige nach § 371 AO gewertet wird.
Der BGH hat nun erstmalig dieses Thema aufgegriffen und zeigt, dass auch die Rechtsprechung hinter dem vom BMF aufgestellten Grundsatz steht, dass ein effizientes (Tax) Compliance Management System ein Indiz gegen vorsätzliche oder fahrlässige Steuerverkürzung ist.
Neben der tatsächlichen Vermeidung von Rechtsverstößen gibt es mit dem BGH-Urteil vom 9.5.2017 nun ein weiteres deutliches Argument, ein Tax CMS im Unternehmen zu installieren. Bisher gab es keine höchstrichterliche Rechtssprechung zur Bedeutung eines Tax CMS, doch die hier genutzte Gelegenheit, sich zu der Bemessung der Geldbuße zu äußern, zeigt, dass auch die Gerichte gewillt sind, einem effizienten Tax CMS eine nicht unerhebliche Bedeutung für die Rechtsfolgen von Verstößen beizumessen.
Grafik: WIRTSCHAFTScampus
Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Gesetzeslage sich seit 2011 kontinuierlich verschärft hat und Betriebsprüfungen heute kritischer verlaufen als früher und sich dadurch Unternehmen, ihre gesetzlichen Vertreter und die unternehmensseitigen Ansprechpartner der Betriebsprüfer häufiger mit Vorwürfen und der Androhung konfrontiert sehen, den Fall auch strafrechtlich untersuchen zu lassen, sollte über die Einrichtung eines Tax CMS zwingend nachgedacht werden bzw. ein bestehendes CMS sollte in jedem Fall im Segment der Tax Compliance erweitert werden. Die Integration eines Tax Compliance Officers sollte als Pflicht im Unternehmen betrachtet werden, um sich gegen interne und externe Gefahren früh und transparent abzusichern.
Besonders interessant sind dabei auch die Ausführungen des BGH, dass es ebenfalls strafmildernd wirken kann, wenn das Unternehmen in der Folge einer bereits vor dem Gericht anhängigen Straftat seine Regelungen optimiert und die betriebsinternen Abläufe so gestaltet, dass vergleichbare Normverletzungen zukünftig deutlich erschwert werden. Es ist somit nie zu spät, sich Gedanken über die Einrichtung eines Tax CMS zu machen bzw. einen Tax Compliance Officer in ein (bestehendes) Compliance Management System zu integrieren.
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