Ohne Tax Compliance mit einem Bein im Kittchen

Die Weiterbildung im Bereich Compliance und die Ausbildung eines Spezialisten innerhalb eines bestehenden Compliance Management Systems (CMS) mit der Integration eines Tax Compliance Officers hat mit einem Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) aus dem Jahr 2017 deutlich an Wichtigkeit gewonnen.

Erhöhte Pflichten, Vorgaben im Hinblick auf Transparenz, sowie Dokumentationspflichten und die Digitalisierung stellen die Funktionen und Vorgaben jedes Unternehmens im Bereich der steuerlichen Aufgaben vor immer größere und vor allem neue Herausforderungen. Veränderte rechtliche Rahmenbedingungen und eine deutlich gestiegene und restriktive Handhabung durch das Finanzamt verstärken dies deutlich.

Ein Tax Compliance Officer im Unternehmen? Ein Thema, welches nach heutigem Stand für jedes Unternehmen, gleich welcher Größe und Branche, sowohl in persönlicher Haftungshinsicht als auch gegen den Schutz gegenüber Korruption oder sonstigen globalen Gefahren und Angriffen von größter Wichtigkeit ist.

Umso mehr, da der Bundesgerichtshof (BGH) mit seiner Entscheidung vom 9. Mai 2017 (BGH 1 StR 265/16) bestätigt hat, dass ein funktionierendes Tax Compliance Management System bei der Festsetzung von Strafen, zum Beispiel im Tatbestand der Korruption, oder bei der Bemessung von Bußgeldern bei Steuervergehen oder steuerlichen Missständen berücksichtigt werden kann. Dies soll an dem nachfolgenden Tatbestand näher dargestellt werden.

Panzerhaubitzen nach Griechenland

In 2001 verkaufte ein in Deutschland ansässiges Rüstungsunternehmen 24 Panzerhaubitzen zum Preis von 188.008.929 Euro an Griechenland. In diesem Zusammenhang gaben der Angeklagte, ein leitender Angestellter und Prokurist des Rüstungsunternehmens, und sein Vorgesetzter im August 2002 eine vom Unternehmen X gestellte Provisionsrechnung in Höhe von 1.858.584,18 Euro (brutto) bzw. 1.602.227,74 Euro (netto) zur Zahlung frei und leiteten sie an die Buchhaltung im Rüstungsunternehmen weiter.

Bei dem Unternehmen X handelt es sich um eine im Jahr 1997 von zwei ehemaligen Abgeordneten des Deutschen Bundestages und einem Professor einer Technischen Universität gegründete (Beratungs-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ausschließlich im Rahmen des verfahrensgegenständlichen Verkaufs der Panzerhaubitzen an Griechenland aktiv wurde. Sie verfügte über einen persönlichen Kontakt zum damaligen griechischen Verteidigungsminister, war aber in offizielle Verhandlungen mit Griechenland zu keinem Zeitpunkt eingebunden. Bei der Freigabe der Rechnung war dem Angeklagten bewusst, dass dieses Unternehmen X seine im Vorfeld des Vertragsschlusses erbrachten Dienstleistungen auf der Grundlage von Bestechungsabreden erbracht hatte.

Die Rechnung wurde von der Buchhaltung des Rüstungsunternehmens beglichen und als ordentliche Betriebsausgabe der Firma für das Jahr 2002 verbucht.

Die an das Unternehmen X gezahlte Provision ging entgegen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG vollumfänglich in die unterzeichnete Erklärung des Rüstungsunternehmens zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2002 als Betriebsausgabe ein. Der hierauf ergangene unrichtige Feststellungsbescheid des Finanzamts im Jahr 2004 führte zu einem nicht gerechtfertigten Steuervorteil des Rüstungsunternehmens in Höhe von 1.602.227,74 Euro.

In den Jahren 2002 und 2004 erhielt der Angeklagte von einem mit ihm befreundeten Vertreter des Rüstungsunternehmens in Griechenland aus den von dem Rüstungsunternehmen an ihn gezahlten Provisionen bzw. Vergütungen im Zusammenhang mit dem Projekt Panzerhaubitze verdeckte Provisionszahlungen in Höhe von zusammen mehr als 657.000 Euro auf sein Konto bei einer Schweizer Bank.

Auf den strafrechtlich nicht verjährten Veranlagungszeitraum 2004 entfiel dabei ein Betrag von 357.892,10 Euro. Der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Angeklagte verschwieg den Erhalt dieser Zahlungen sowie daraus resultierende Kapitalerträge in Höhe von 14.374,89 Euro gegenüber den Finanzbehörden in seiner abgegebenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004. Er verkürzte hierdurch Einkommensteuer in Höhe von 140.508 Euro sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von 7.727,94 Euro. Eine von ihm in 2014 hierzu abgegebene und auf Schätzungen beruhende Selbstanzeige gegenüber dem zuständigen Finanzamt hat das Landgericht für unwirksam erachtet. Nach seiner Auffassung war die Steuerhinterziehung des Angeklagten zu diesem Zeitpunkt bereits entdeckt; auch habe der Angeklagte bei verständiger Würdigung der Sachlage mit einer Entdeckung rechnen müssen.

Tax Compliance Management System

Das Landgericht München als Vorinstanz hatte den Mitarbeiter des Rüstungsunternehmens, obwohl dieser eine Selbstanzeige getätigt hatte, unter anderem wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Rüstungsunternehmens verurteilt. Dabei galt es als eindeutig erwiesen, dass auch die Geschäftsführung Kenntnis von den Bestechungen hatte. Entsprechend hat das Landgericht München dazu auch gegen das Unternehmen als Nebenbeteiligte ein Bußgeld in Höhe von 175.000 Euro verhängt.

Die Besonderheit ist, dass der BGH zur Bemessung der Höhe der Geldbuße vorgibt, auch Erkenntnisse zu dem betriebsinternen Kontrollsystem einfließen zu lassen. So ist stets in Betrachtung zu ziehen, ob das Unternehmen ein effizientes Compliance Management System (CMS) im Unternehmen integriert hat, das auf die Verhinderung von Rechtsverstößen ausgelegt ist oder ob es in der Folge eines Verfahrens entsprechende Compliance-Regelungen optimiert und seine betriebsinternen Abläufe so gestaltet hat, dass vergleichbare Regelverletzungen zukünftig jedenfalls drastisch erschwert werden.

Mit dem Anwendungserlass zu § 153 AO hat sich das Bundesministerium für Finanzen (BMF) bereits in 2016 zur Thematik und der Wirkung eines Tax Compliance Management-Systems (Tax CMS) im Unternehmen geäußert. Danach kann bei Berichtigungserklärungen ein Tax CMS ein Indiz gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit darstellen und damit zugunsten des Steuerpflichtigen wirken, indem die Anzeige als Korrektur gemäß § 153 AO und nicht als Selbstanzeige nach § 371 AO gewertet wird.

Der BGH hat nun erstmalig dieses Thema aufgegriffen und zeigt, dass auch die Rechtsprechung hinter dem vom BMF aufgestellten Grundsatz steht, dass ein effizientes (Tax) Compliance Management System ein Indiz gegen vorsätzliche oder fahrlässige Steuerverkürzung ist.

Umsetzung im Unternehmen – Der Tax Compliance Officer (TCO)

Neben der tatsächlichen Vermeidung von Rechtsverstößen gibt es mit dem BGH-Urteil vom 9.5.2017 nun ein weiteres deutliches Argument, ein Tax CMS im Unternehmen zu installieren. Bisher gab es keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Bedeutung eines Tax CMS. Doch die hier genutzte Gelegenheit, sich zu der Bemessung der Geldbuße zu äußern, zeigt, dass auch die Gerichte gewillt sind, einem effizienten Tax CMS eine nicht unerhebliche Bedeutung für die Rechtsfolgen von Verstößen beizumessen.

Unternehmen, ihre gesetzlichen Vertreter und die unternehmensseitigen Ansprechpartner der Betriebsprüfer sehen sich häufiger mit Vorwürfen und der Androhung konfrontiert, Vorgänge auch strafrechtlich untersuchen zu lassen. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Gesetzeslage sich seit 2011 kontinuierlich verschärft hat und Betriebsprüfungen heute kritischer verlaufen als früher sollte über die Einrichtung eines Tax Compliance Management Systems zwingend nachgedacht werden bzw. ein bestehendes CMS sollte in jedem Fall im Segment der Tax Compliance erweitert werden. Die Integration eines Tax Compliance Officers sollte als Pflicht im Unternehmen betrachtet werden, um sich gegen interne und externe Gefahren früh und transparent abzusichern.

Besonders interessant sind dabei auch die Ausführungen des BGH, dass es ebenfalls strafmildernd wirken kann, wenn das Unternehmen in der Folge einer bereits vor dem Gericht anhängigen Straftat seine Regelungen optimiert und die betriebsinternen Abläufe so gestaltet, dass vergleichbare Normverletzungen zukünftig deutlich erschwert werden. Es ist somit nie zu spät, sich Gedanken über die Einrichtung eines Tax CMS zu machen bzw. einen Tax Compliance Officer in ein (bestehendes) Compliance Management System zu integrieren.

Ausbildung zum Tax Compliance Officer

Der WIRTSCHAFTScampus bietet nun einen Fernlehrgang zum Tax Compliance Officer an, der es den Teilnehmern ermöglicht, ein Tax Compliance-System in ihren Unternehmen einzurichten, das die ordnungsgemäße Erfüllung der Steuerpflichten gewährleistet und dafür Sorge trägt, dass die unternehmerische Steuerstrategie zielgenau verfolgt wird. Drei umfassende und gut gegliederte sowie teilnehmerorientierte Lehrbriefe vermitteln den Stoff in dem Tempo, das der Teilnehmer selbst für sich bestimmen kann. An einem Präsenztag wird den Teilnehmern ein Gesamtüberblick geboten und die Gelegenheit gegeben, durch Fragen ihren persönlichen Wissensbedarf abzudecken.

Alle Einzelheiten zum Certified Tax Compliance Officer (TCO) finden Sie beim Fernlehrgang Tax Compliance Management.

Quellenangabe:

Veröffentlichung „BGH 1 StR 265/16 – Urteil vom 9. Mai 2017 (LG München I)“

Compliance und Steuerhinterziehung

Prolog:

„Steuerhinterziehung ist der strafbare Versuch des Steuerzahlers, das staatliche Versprechen der Steuergerechtigkeit auf privater Basis zu realisieren.“

Helmar Nahr, deutscher Mathematiker und Ökonom, *1931

 

Mit unserem Blogbeitrag zum Thema Steuerhinterziehung und Compliance möchten wir sowohl auf die Historie und Hintergründe des seit Jahrtausenden aktuellen Themas Steuerhinterziehung eingehen als auch konkrete Präventionen und Instrumentarien darstellen, welche durch ein Tax Compliance-System für Unternehmen und Geschäftsführer zur Sicherung des Unternehmens und der persönlichen Haftung geschaffen werden können. Der Beitrag untergliedert sich in die beiden Schwerpunkte:

I. Steuerhinterziehung im Blick der Zeit
(Stefan Haas)

II. Tax Compliance als Lösung
(Prof. Dr. Volker H. Peemöller)

 

Von den Pyramiden über den Schuldenturm zu Al Capone

Im alten Ägypten gab es die Erntesteuer und einen Nil-Zoll. Da die Pharaonen sehr darauf bedacht waren, ihre Besitztümer zu erweitern und auszudehnen, überprüften deren Kontrolleure streng die Erträge der Ernte ihrer Bauern und vermaßen präzise deren Felder und Besitztümer. Schon bei den geringsten Unstimmigkeiten züchtigten sie die Bauern mit Stockhieben. Auf Steuerhinterziehung und Verstöße gegen die aufgestellten Steuerregelungen stand im alten Ägypten, und ausdrücklich nicht nur dort, die Prügelstrafe.

Steuerhinterziehung ist somit ausdrücklich kein Vergehen oder eine Erscheinung der Neuzeit und setzt sich auch nach den strengen Regeln der Pharaonen weiter fort. Im Mittelalter ernteten die Bauern in der Nacht, um die Abgabe des Zehnten zu umgehen. Wer weniger zahlte, als das Gesetz es von ihm verlangte, musste anders als heute nicht nur mit Geld- oder Gefängnisstrafen rechnen. Oft war eine, meist öffentliche, Verurteilung und der Gang ins Gefängnis erst der Anfang einer, oft langjährigen oder sogar lebenslangen Bestrafung. Im Vergleich zur heutigen Zeit waren damals die Strafen für Steuersünder deutlich kreativer.

Noch grausamer und barbarischer waren die Bestrafungen für Steuersünder vor Christi Geburt: Aus dem 9. Jahrhundert vor Christus sind etwa Aufzeichnungen von einem assyrischen Herrscher überliefert, in denen es heißt: „Ich ließ gegenüber dem Stadttor einen Turm bauen, alle Hauptmeuterer schinden und überzog das Gerüst mit ihren Häuten. Einige mauerte ich in den Turm ein.“

Im Mittelalter konnte Steuerhinterziehung den Täter in den persönlichen und geschäftlichen Ruin treiben. Die Stadt verlangte vom Steuersünder die bis zu hundertfache Leistung des von ihm hinterzogenen Betrags. So mancher Bürger und Geschäftsmann verlor so sein gesamtes Vermögen. Zusätzlich verlas die Stadt die vollen Namen der Steuerhinterzieher und ihrer Familien vor dem gesamten Volk und prangert sie öffentlich an. Einheitliche, festgelegte Strafen für überführte Steuersünder gab es im Mittelalter nicht, daher konnte der Rat der Stadt oder der Landesfürst grundsätzlich willkürliche Strafen für die Steuersünder verhängen.


Nürnberger Schuldenturm, errichtet 1323 vom Stadtbaumeister Conrat Strome
(Foto: Wikimedia / By Buendia22 / CC BY-SA 4.0)

Der Tod im Schuldenturm

Noch heute erinnern Relikte aus vergangenen Tagen an das damalige Steuerstrafrecht und die verhängten Strafen. Bis in das 19. Jahrhundert hinein sperrten Städte ihre Steuersünder in einen Schuldenturm. Die Schuldhaft galt als besondere Schande nicht nur für den Täter selber als auch für seine gesamte Familie und deren Angehörige, in der Neuzeit glich sie aber mehr einem offenen Vollzug: Tagsüber konnte der Schuldner arbeiten, um seine Schulden abzutragen. Teilweise hatten die Insassen dort auch die Möglichkeit, ihre Schulden abzusitzen, wie zum Beispiel in Nürnberg, wo der Schuldenturm noch heute zu besichtigen ist. Andere starben aber auch nach über 30 Jahren im Schuldenturm. Somit brachten der Staatsbetrug und die Steuerhinterziehung ihnen den Tod.

Später verloren die Strafen an Einfallsreichtum.

Al Capone und Easy Eddie

So wanderte Al Capone, einer der berüchtigtsten Verbrecher Amerikas, 1931 lediglich ins Gefängnis. Seine zahlreichen Morde konnten Al Capone nicht nachgewiesen werden, er wurde schließlich für Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Geldwäsche belangt.

Präsident Herbert Hoover, 31. Präsident der USA, beauftragt seinen FBI-Chef, Capone endgültig das Handwerk zu legen. Mord kann man ihm nicht nachweisen; jeder weiß es, aber niemand sagt es. Und so kommt man auf einen anderen Trick, den Hoover persönlich so umschreibt:


„Wissen Sie, dass er pro Jahr über drei Millionen Dollar verdient, aber er hat keine Steuern bezahlt, weil er nicht in den Büchern steht. Wenn wir nachweisen können, dass er irgendwelche Gelder erhalten hat, können wir ihn wegen Steuerhinterziehung anklagen.“

Die Ermittler des FBI prüfen Capones alte Unterlagen und Rechnungsbücher und beziffern am Ende ihrer Untersuchungen im Jahr 1931 die Steuerschuld des Verbrechers auf mehr als 200.000 Dollar. Die Anklage fordert bei Prozessbeginn 34 Jahre Haft, doch Capones Rechtsanwälte handeln noch vor (!) dem Prozessbeginn eine Strafminderung mit der Staatsanwaltschaft aus. Doch Richter James Wilkerson lässt sich am ersten Tag des Prozesses gegen Capone nicht auf diesen Deal ein, und selbst der massive Bestechungsversuch an die Mitglieder der Jury schlägt fehl, weil die Juroren der Jury von Richter Wilkerson kurzfristig und ohne vorherige Ankündigung ausgetauscht werden.

Am 24. Oktober 1931 wird das Urteil gegen Capone verkündet: Das Gericht verurteile ihn zu 50.000 Dollar Strafe, zusätzlich knapp 8.000 Dollar Gerichtskosten und elf Jahren Gefängnis. Der ehemalige König von Chicago ist am Ende. Zwei Jahre sitzt er in einem Zuchthaus in Atlanta, dann wird er auf die berüchtigte Alcatraz-Gefängnisinsel vor San Francisco verlegt, wo die Ärzte Syphilis bei ihm diagnostizieren. 1939 wird Capone wegen guter Führung und schlechtem Gesundheitszustand aus dem Gefängnis entlassen. Am 25. Januar 1947 stirbt er im Alter von 48 Jahren in Palm Springs an einer Lungenentzündung und wird im kleinsten Kreis, ohne die sonst üblichen Ehren eines großen Gangsterbosses auf dem Mount Carmel Cemetery Friedhof in Hillside, einem Vorort von Chicago, begraben.
Tax Compliance in Chicago?

Bis heute ist fraglich, ob es Al Capone gerettet hätte, wenn sein damaliger Steuerberater Edward J. O’Hare, der von Capone meist „Easy Eddie“ genannt wurde, sich mit Tax Compliance beschäftigt hätte. Kurz vor den steuerlichen Ermittlungen gegen Capone trennten sich die Wege von Capone und O’Hare und der Steuerberater O’Hare schützte sich vor weiteren Ermittlungen gegen ihn selbst durch seine Zusammenarbeit mit dem FBI und dem IRS (Internal Revenue Service). Er wurde zu einem der Hauptzeugen im Prozess gegen Capone und war maßgeblich daran beteiligt, den internen Code, den Capone in seinen Schriftstücken verwendete, zu decrypten. Im November 1939 wurde er in seinem Auto von zwei Auftragskillern mit Schrotgewehren erschossen. Die Täter wurden nie gefasst.

 

Tax Compliance als Lösung

(Prof. Dr. Volker H. Peemöller)

Bei der Vielzahl an Fällen von Steuerhinterziehung kann man getrost vom „Volkssport“ Steuerhinterziehung sprechen. Gierige Manager, prominente Sportler, bekannte Sänger und Politiker haben Steuern hinterzogen. Gleiches gilt natürlich auch für Unternehmen aus allen Branchen wie Banken, Industrieunternehmen oder Baufirmen.

Wann begeht man überhaupt Steuerhinterziehung? Einige Beispiele sollen das verdeutlichen:

Verheimlichen von Einkünften: Nicht alle Einnahmen werden vom Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkommensteuererklärung angegeben. Es kann sich um Leistungen handeln, die vom Handwerker schwarz erbracht wurden oder um Einnahmen, von denen der Steuerpflichtige vermutet, dass sie nicht erfasst und damit auch nicht dem Finanzamt gemeldet werden.

Angabe tatsächlich nicht entstandener Werbungskosten: Im Rahmen der Lohnsteuerjahreserklärung gibt der steuerpflichtige Arbeitnehmer Werbungskosten für die Fortbildung in seinem Beruf an, die vom Arbeitgeber getragen wurde. Oder er gibt bei einem Kochbuch an, es sei für die fachliche Weiterbildung angeschafft worden.

Angabe nicht entstandener Betriebskosten: Unter der Position Bürobedarf werden Kosten für Hefte und Stifte geltend gemacht, die für die schulpflichtigen Kinder entstanden sind. Es kann sich auch um privat veranlasste Essen handeln, die als betriebliche Ausgabe angesetzt werden.

Scheingeschäfte mit der Ehefrau: Die Ehefrau bekommt ihr bisheriges Haushaltsgeld als „Lohn“ ausbezahlt, wobei zwischen den Ehepartnern vereinbart wurde, dass der „Lohn“ ausschließlich als Haushaltsgeld verwendet werden soll.

Bei der Steuerhinterziehung müssen drei Tatbestandsmerkmale erfüllt sein:

  • Es muss eine Tathandlung vorliegen.
  • Es muss ein Taterfolg eingetreten sein.
  • Die Tathandlung muss vorsätzlich erfolgt sein.

Tax Compliance-System: Das hilfreiche Instrument

Dort, wo vorsätzlich Steuern hinterzogen werden, wird ein Tax Compliance-System nicht helfen. Ein Tax Compliance-System ist aber in den folgenden Fällen hilfreich:

  • Steuervermeidung

Steuervermeidung ist nicht per se illegal, sondern vielerorts zulässig. Es sollen alle Möglichkeiten und Schlupflöcher ausgenutzt werden, um so wenig Steuern zu bezahlen, wie eben möglich. Die öffentliche Diskussion um die Steuerzahlungen großer Konzerne, wie z. B. Starbucks, Apple und Amazon zeigt aber, mit welchen Imageverlusten der Konzerne dieses Verhalten verbunden sein kann. Problematisch ist die Steuervermeidung dann, wenn es zur Entkoppelung von Leistung und Gegenleistung kommt. Wenn z. B. die reale Wertschöpfung und die Steuerleistung nicht mehr in einem plausiblen Verhältnis stehen.

Für die Bereitstellung der Infrastruktur durch den Staat wird keine Gegenleistung in Form von Steuern entrichtet. Neben Imageverlusten kann diese Steuerpolitik der Gesellschaften auch zu niedrigeren Börsenkursen führen. Die gesellschaftliche Diskussion über die Höhe des Steuersatzes führt auch zu einem geränderten Anlegerverhalten. Die Verwalter der Fonds achten – noch nicht immer, aber immer häufiger – bei ihren Entscheidungen darauf, wie das Steuerverhalten der Gesellschaften ist.

  • Steueroptimierung

Dieser Begriff ist zunächst nicht negativ belastet. Optimierung wird in allen betriebswirtschaftlichen Bereichen betrieben. Hier ist allerdings gemeint, dass die Gesellschaften in Steueroasen beheimatet sind und ihre steuerlichen Gestaltungsspielräume im internationalen Wettbewerb ausschöpfen. Die Folgen sind hier die gleichen wie bei der Steuervermeidung. Diese Unternehmen zeichnen sich regelmäßig durch eine niedrige Steuerquote in ihren Bilanzen aus. Allerdings besteht hier der Unterschied, dass die Ausnutzung des internationalen Wettbewerbs der Steuergesetze nur von den internationalen Konzernen betrieben werden kann. Die Klein- und Mittelbetriebe haben diese Möglichkeit nicht, tragen aber die Kosten der Infrastruktur und werden dafür quasi bestraft. Hohe Steuerquoten von Konzernen sind und waren z. T. Anlass von Beratungsfirmen, diesen Gesellschaften Steuersparmodelle anzubieten.

Nun ist von 60 Ländern Anfang Juni in Paris ein Abkommen unterzeichnet worden, das die Gewinnverlagerung von Großkonzernen verhindern soll. Das BEPS Projekt (Base Erosion and Profit Shifting) hat zu einem Umdenken bei einer großem Zahl von Unternehmen geführt. 55 % der Konzerne gaben bei einer Umfrage an, dass sie die Planung der grenzüberschreitenden Transaktion geändert haben.

  • Fehler oder Nachlässigkeiten in der Steuererklärung

Das deutsche Steuersystem ist unübersichtlich und kompliziert. Es muss deshalb nicht immer kriminelle Energie dahinter stecken, wenn Steuererklärungen Fehler aufweisen. Die Finanzämter sind aber immer schneller dabei, hinter fehlerhaften Steuererklärungen Steuerhinterziehung zu vermuten und gehen deshalb zum Teil rigoros gegen den Steuerpflichtigen vor.

Ob der Steuerpflichtige eine Unrichtigkeit bewusst oder unbewusst erklärt hat, ist aufgrund fließender Grenzen zwischen Vorsatz, Leichtfertigkeit und bloßem Versehen Gegenstand kontroverser Auffassungen. Stoßen Finanzbeamte auf solche vermeintlich strafrechtlich relevanten Vorgänge, stellt sich für sie die Frage, ob die Bußgeld- und Strafsachenstelle („BuStra“) zur Prüfung der Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens einzuschalten ist, und ob eine verzögerte oder unterlassene Mitteilung solcher Sachverhalte zu strafrechtlichen Konsequenzen für sie selbst führen kann.

Die Betriebsprüfungsordnung sieht vor, dass eine frühe – auch formlose – Kontaktaufnahme mit der BuStra in Zweifelsfällen immer geboten ist. Insofern herrscht bei Betriebsprüfern bei der Prüfung der Voraussetzungen des (steuer-)strafrechtlichen Anfangsverdachts im konkreten Fall sowie hinsichtlich der Verwirklichung des Tatbestandes der Strafvereitelung (im Amt) in der Praxis häufig Verunsicherung. Daher besteht das Risiko, dass die Betriebsprüfung einfache Berichtigungsanzeigen zur Korrektur von Steuererklärungen eher kriminalisiert und diese in strafbefreiende Selbstanzeigen umdeutet.

 

Tax Compliance-System: Die Lösung

Für diese drei Fälle ist ein Tax Compliance-System die Lösung. Es soll die Einhaltung der steuerrechtlichen Normen durch das Unternehmen sichern. Damit sind sämtliche Steuern und Abgaben sowie alle steuerlichen Nebenleistungen wie Verzögerungsgelder, Verspätungszuschläge, Zinsen, Kostenzuschläge und Zwangszuschläge oder Zwangsgelder gemeint. Allerdings sind die Belange des Unternehmens auch zu berücksichtigen.

Damit ist eine Aufbau- und Ablauforganisation erforderlich, welche die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften sicherstellt unter Berücksichtigung der steuergestaltenden Möglichkeiten bei gleichzeitiger Vermeidung von Risiken für das Unternehmen und seine Organe. Eine aggressive Steuerpolitik und das Ausnutzen aller Gestaltungsmöglichkeiten haben eine positive Wirkung auf die Steuerquote. Ein Unternehmen, das betont, sich an der Nachhaltigkeit orientieren zu wollen, wird diese Strategie nicht verfolgen.

Rechtlich zulässige Gestaltungsmöglichkeiten dürfen vom Steuerpflichtigen genutzt werden. Rechtliche Unschärfen oder Steuerschlupflöcher müssen dagegen zwingend im Gesetz korrigiert werden.

Wie sollte pragmatisch vorgegangen werden, um die Steuerpolitik des Unternehmens zu bestimmen?

Im ersten Schritt sind die verfügbaren Steuergestaltungsmöglichkeiten zu ermitteln. Wo bestehen legitime Möglichkeiten Steuervorschriften auszuschöpfen.

Im zweiten Schritt geht es darum zu ermitteln, welche der verbleibenden Methoden gemäß den Zielen des Unternehmens wünschenswert sind. Hier muss ein Abgleich mit den Zielen und Strategien des Unternehmens erfolgen.

Der dritte Schritt bezieht sich darauf, welche Maßnahmen von der Steuerabteilung durchsetzbar sind. Hier muss Konsens mit den Vorstellungen der Geschäftsführung hergestellt werden.

Der vierte Schritt verlangt dann die organisatorische Absicherung gegen Fehler und Unrichtigkeiten in der Steuerabteilung.

Durch dieses Vorgehen kann eine angemessene Steuerpolitik entwickelt und implementiert werden, die Imageverluste vermeidet, gesellschaftliche Anerkennung findet und den Anforderungen des Fiskus gerecht wird.

Fernlehrgang zum Tax Compliance Officer (TCO) mit Zertifizierung

Schnelles Handeln, zusammen mit einer zukunftssicheren Ausbildung, ist daher gefragt! Der WIRTSCHAFTScampus bietet einen Fernlehrgang zum Tax Compliance an, der es den Teilnehmern ermöglicht, ein Tax Compliance-System in ihren Unternehmen einzurichten, das die ordnungsgemäße Erfüllung der Steuerpflichten gewährleistet und dafür Sorge trägt, dass die unternehmerische Steuerstrategie zielgenau verfolgt wird.

Alle Einzelheiten der Weiterbildung zum Certified Tax Compliance Officer (TCO) finden Sie auf der Webseite des WIRTSCHAFTScampus.