ESG: Der 10-Punkte-Kompass für Nachhaltigkeit und Compliance im Hinblick auf die Unternehmensführung


Prolog:

„Die größte Gefahr für unseren Planeten ist der Glaube, dass jemand anderes ihn rettet.“

Robert Swan (* 28. Juli 1956 in Durham, England) ist ein britischer Polarforscher und Umweltschützer. Er ist der erste Mensch, der beide geographischen Pole zu Fuß erreicht hat.

ESG: Die 10 Trends der Zukunft

Die Zukunft des Umwelt-, Sozial- und Governance-Managements (ESG) wird sowohl herausfordernd sein als auch viele Änderungen und Neuerungen mit sich bringen. Gerade im Bereich Compliance werden Unternehmen, unabhängig von Branche oder Größe, mit neuen Aufgabenstellungen konfrontiert.

Da ESG zunehmend in die Strategie des Unternehmens integriert wird, geht man davon aus, dass auch die Compliance-Regeln deutlich beeinflusst werden.


Grafik: WIRTSCHAFTScampus

1. Strengere und umfangreichere Vorschriften


Mit Verabschiedung der CSRD in der EU und der CSDD sind innerhalb der EU strengere und umfassendere ESG-Vorschriften gerade auch im Hinblick auf die Compliance zu implementieren. Dazu gehören verpflichtende Nachhaltigkeitsberichte nach den ESRS, standardisierte Kennzahlen und eine verstärkte Kontrolle durch die Regulierungsbehörden. Die Unternehmen müssen sich auf die Einhaltung dieser Vorschriften einstellen, die ein breites Spektrum an Themen abdecken, von Klimawandel und Biodiversität (Artenvielfalt: Griechisch Bios = Leben / Lateinisch Diversitas = die Vielfalt) bis hin zu Menschenrechten und Transparenz in der Lieferkette.

2. Erhöhter Einfluss von Verbrauchern, Banken und Investoren


ESG ist ein wichtiges Thema für alle! Die Aufmerksamkeit der Verbraucher, aber auch der Investoren, richtet sich zunehmend auf die ESG-Leistung des Unternehmens, von dem Waren und/oder Dienstleistungen gekauft werden. Mit der EU-Taxonomie wurde erstmals ein Klassifizierungssystem für Wirtschaftsaktivitäten, die einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Umweltziele leisten, geschaffen. Auch die Verordnung über europäische grüne Anleihen hat das Ziel, die Kapitalströme in der EU in solche Wirtschaftsaktivitäten zu lenken, die das Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft voranbringen. Die Unternehmen werden zunehmend unter Druck gesetzt, nicht nur die Einhaltung der Vorschriften zu demonstrieren, sondern auch eine führende Rolle bei ESG-Praktiken einzunehmen. Banken und Investoren nutzen zunehmend die ESG-Kriterien, um Investitionsentscheidungen zu treffen und Unternehmen, die diese Erwartungen nicht erfüllen, werden bei der Kapitalbeschaffung benachteiligt sein.

3. Fortschritte bei der ESG-Berichterstattung und der Datenanalyse


In Zukunft wird die ESG-Berichterstattung durch Technologie vorangetrieben. Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen (ML) und Blockchain spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Genauigkeit, Transparenz und Effizienz der ESG-Datenerfassung und -berichterstattung. Mit diesen Technologien können Unternehmen Trends vorhersagen, Risiken erkennen und Echtzeit-Updates zu ihrer ESG-Leistung bereitstellen.

4. Integration von ESG in die Strategie des Kerngeschäfts


Die Firmen werden ESG nicht mehr als eigenständige Initiative betrachten, sondern sie stärker in ihre Geschäftsstrategie integrieren. Diese Integration umfasst die Abstimmung der ESG-Ziele mit den Geschäftszielen, die Einbeziehung von Nachhaltigkeit in Entscheidungsprozesse, Produktentwicklung, Compliance-Richtlinien und allgemeine Unternehmenskultur.


5. Konzentration auf Klimaschutz und Netto-Null-Verpflichtungen.


Der Klimawandel wird ein dominierendes Thema im Bereich ESG bleiben, da immer mehr Unternehmen sich zu Netto-Null-Emissionszielen verpflichten.

Am 29. Juni 2024 ist die Netto-Null-Industrie-Verordnung in Kraft getreten, mit der Technologien, die die Energiewende vorantreiben, auf differenzierte Art und Weise gefördert werden sollen. Dazu gehören beschleunigte Genehmigungsverfahren, aber auch finanzielle Förderungen, zum Beispiel für die Herstellung von Windkraftanlagen, Wasserstofftechnologien, aber auch Wärmepumpen.

Um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, müssen Unternehmen laut der Science Based Targets initiative (SBTi) drei Anforderungen erfüllen:

• Kurzfristiges Reduktionsziel setzen (5-10 Jahre)
• Absolute Emissionen in Scope 1-3 um mehr als 90 Prozent bis spätestens 2050 reduzieren
• Restemissionen neutralisieren, indem der Atmosphäre CO2 entzogen wird.

Die Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft wird Innovationen in den Bereichen nachhaltige Technologien, erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft vorantreiben. Es ist notwendig, klare Strategien zu entwickeln, um die Klimaziele zu erreichen, die häufig durch regulatorische Anforderungen und Erwartungen der Investoren untermauert werden. Aufgaben, in die auch Compliance-Beauftragte im Unternehmen dringend mit einbezogen werden müssen.

6. Soziale und Governance-Faktoren treten in den Vordergrund.


Bei ESG wird erwartet, dass soziale und Governance-Faktoren mehr an Bedeutung gewinnen werden. Die Themen Vielfalt, Gleichberechtigung und Eingliederung (DEI), Menschenrechte, Arbeitspraktiken und Unternehmensführung werden von Aufsichtsbehörden und Anlegern stärker unter die Lupe genommen. Es ist für die Firmen von Bedeutung, Fortschritte in diesen Bereichen zu belegen und Compliance-Richtlinien zu befolgen, da soziale Gerechtigkeit und Skandale in der Unternehmensführung die Stimmung der Öffentlichkeit und der Banken oder Investoren weiterhin beeinflussen.

7. Eine umfassendere Rechenschaftspflicht und Transparenz


Eine erhöhte Nachfrage nach Rechenschaftspflicht und Transparenz wird die Zukunft von ESG kennzeichnen. Unternehmen müssen klare, nachvollziehbare Daten zu ihren ESG-Initiativen und -Ergebnissen vorlegen. Die Nachfrage nach Überprüfungen und Bestätigungen von ESG-Berichten durch Dritte nimmt zu, da zum Beispiel Aufsichtsbehörden oder Banken die Richtigkeit der Unternehmensangaben überprüfen wollen.

Eine Prüfungspflicht der ESG-Berichte ist mit der CSRD bereits Realität für große kapitalmarktorientierte Unternehmen geworden. Zur Entwicklung von Prüfungsstandards laufen bereits Projekte auf EU-Ebene für eigenständige EU-weite Prüfungsstandards von Nachhaltigkeitsberichten, aber auch das IAASB hat mit ISSA 5000 einen internationalen Prüfungsstandard am 20. September 2024 verabschiedet. Dieser neue internationale Prüfungsstandard wird in Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichte in der EU wohl von den europäischen Wirtschaftsprüfern übernommen werden.


8. Die Entstehung von ESG-basierten Innovationen


Da Unternehmen sich bemühen, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, wird es in allen Branchen einen Innovationsschub geben. Dazu gehört die Entwicklung nachhaltiger Produkte, grüner Technologien und neuer Geschäftsmodelle, die der langfristigen Nachhaltigkeit Vorrang vor kurzfristigen Gewinnen geben. Firmen, die bei ESG-Innovationen führend sind, werden in der Zukunft besser positioniert sein, um neue Marktchancen zu nutzen und dadurch für sich ein widerstandsfähiges, zukunftssicheres Unternehmen am Markt zu positionieren.

9. Gemeinsame Anstrengungen und Kooperationen


Aufgrund des globalen und vernetzten Charakters der ESG-Herausforderungen werden Unternehmen zunehmend mit Regierungen, Nichtregierungsorganisationen (NGO) und anderen Organisationen zusammenarbeiten, um kollektive Maßnahmen voranzutreiben. Partnerschaften zur Bewältigung komplexer Probleme wie Klimawandel, Ressourcenknappheit und soziale Ungleichheit werden zunehmen. Unternehmen können eine Schlüsselrolle in sektorübergreifenden Initiativen spielen.

10. ESG als Wettbewerbsvorteil


Eine starke ESG-Performance ist in Zukunft ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal und eine Quelle für Wettbewerbsvorteile. Unternehmen, die sich in ESG hervorheben, werden mehr Kunden und Experten, aber auch Investoren anziehen, um die Herausforderungen und Chancen einer sich schnell verändernden Welt zu bewältigen. Die Beachtung und Integration von Compliance-Regularien im Segment ESG ist daher ein wichtiger, besser überlebenswichtiger Schritt in die erfolgreiche Zukunft eines jeden Unternehmens.

Ausblick


In der Zukunft wird ESG ein integraler Bestandteil der Geschäftsabläufe, der Compliance und Strategien sein. Es ist Aufgabe der Firmen, Innovationen, Transparenz und Kooperation zu fördern, um den wachsenden Anforderungen von Regulierungsbehörden, Investoren und der Gesellschaft gerecht zu werden. Diejenigen, die erfolgreich sind, werden nicht nur die Vorschriften einhalten, sondern auch neue Geschäftsfelder erschließen und ihre langfristige Nachhaltigkeit sichern. Genau hier ist der Experte, der Spezialist, der ESG Compliance Officer gefragt und gefordert.

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