Compliance Officer und KI: Heute – Morgen – Übermorgen

Prolog

1956: Die Geschichte beginnt: Der Begriff „KI“ entsteht.

Im Sommer 1956 treffen sich Wissenschaftler zu einer Konferenz am Dartmouth College im US-Bundesstaat New Hampshire. Sie sind der Ansicht, dass Aspekte des Lernens sowie andere Merkmale der menschlichen Intelligenz von Maschinen simuliert werden können. Der Programmierer John McCarthy schlägt dafür den Begriff „Künstliche Intelligenz“ vor.

 

Eine aktuelle Compliance-Studie aus dem Jahr 2023 zeigt: Nein, die künstliche KI wird den menschlichen Compliance Officer nicht ersetzen können, aber die Arbeitsaufgaben im Bereich Compliance in den nächsten Jahren deutlich beeinflussen. In diesem Beitrag finden Sie die aktuellen Ergebnisse dieser Befragung, doch zu Beginn ein kurzer Einstieg in die Thematik der künstlichen Intelligenz (KI).

 

KI: Eine kurze Definition

Künstliche Intelligenz (KI) ist die Intelligenz von Maschinen oder Software, im Gegensatz zur Intelligenz von Menschen. Sie ist auch das Fachgebiet der Informatik, das sich mit der Entwicklung und Erforschung intelligenter Maschinen befasst. Der Begriff „KI“ kann sich auch auf die Maschinen, zum Beispiel auf einen Roboter oder Androiden, selbst beziehen.

 

Die KI-Technologie hat sich in der Industrie, in der Regierung und in der Wissenschaft in den letzten Jahren sehr weit verbreitet. Einige bekannte Anwendungen sind u.a.:

  • Internet-Suchmaschinen (Google / Bing)
  • Empfehlungssysteme (verwendet von YouTube, Amazon und Netflix)
  • das Verstehen / Übersetzung menschlicher Sprache (Siri / Alexa)
  • selbstfahrende Autos (Waymo von Google / Cruise von General Motors)
  • generative oder kreative Werkzeuge (ChatGPT / KI-Kunst)
  • strategische Spiele (Schach / Go).

Allgemeine Intelligenz, das heißt, die Fähigkeit, ein beliebiges Problem oder eine Aufgabenstellung zu lösen, gehört zu den primären Zielen der künstlichen Intelligenz.

 

KI und Compliance im Unternehmen

In jedem Unternehmen, gleich welcher Branche und Größe, wird die Menge der Daten, die täglich verarbeitet werden müssen, immer größer. Was früher Tage und bis zu Wochen und Monate dauern konnte, erledigt heute die KI in Sekunden.

Das entlastet Mitarbeiter, beschleunigt und optimiert interne Prozesse und spart Zeit bei Entscheidungsfindungen oder der Einschätzung von Risiken. Selbstverständlich beinhaltet dies auch die Aufgaben der Compliance-Abteilung im Unternehmen und kann nachhaltig den Compliance Officer in seiner Arbeit und bei seinen Aufgaben entlasten.

 

Wo kann KI der Compliance helfen?

Bereits jetzt können KI-Instrumentarien und spezielle Softwaretools in den nachfolgenden Beispielen eingesetzt werden:

  • Hinweise auf Compliance-Unregelmäßigkeiten und Verstöße im Unternehmen, zum Beispiel bei Betrugsverstößen oder Geldwäsche
  • Datensammlung und Datenverarbeitung zur Optimierung des Risikomanagementsystem (RMS) und der Compliance-Risiko-Analyse durch Sammlung und Analyse von internen und externen Datenquellen
  • Deutliche Zeitminimierung für den Compliance Officer bei der Durchsicht von Texten wie juristischen Dokumenten und Gesetzestexten, Compliance-Vorschriften, nationalen und internationalen Standards und Vorschriften
  • Erreichbarkeit und Kommunikation für Mitarbeiter bei Rückfragen im Compliance-Umfeld durch die Nutzung von Chatbots wie zum Beispiel ChatGPT (OpenAI) oder LaMDA – Language Model for Dialogue Applications (Google LLC).

 

KI und Compliance: Aktuelle Studie aus 2023

Wie sehen heute die Compliance-Mitarbeiter die momentane und zukünftige Situation von Compliance-Beauftragten im Hinblick auf KI? Nachfolgend hierzu ein Überblick und die Key Findings einer aktuellen Studie (Mai / Juni 2023) der EQS Group AG, bei der über 200 Mitarbeiter aus dem Compliance-Bereich in Deutschland, Österreich und Luxemburg befragt wurden.

Welche Auswirkungen sind dies bereits heute in der Compliance?

  • Generelle Auseinandersetzung mit der Thematik aus Compliance-Sicht
  • Richtlinie über den verantwortungsvollen Umgang mit KI-Tools
  • Restriktionen bzgl. der Weitergabe von Daten
  • Informationsveranstaltungen
  • Prüfung auf Datenschutz und Informationssicherheit
  • Awareness-Schulung für Mitarbeitende
  • Rechtliche Beurteilung des Spannungsfelds „Vorteile vom Einsatz von KI vs. DSGVO und Geschäftsgeheimnisgesetz“
  • Hinterfragen der Datenverarbeitung
  • Interne Hinweise auf Beachtung der Vertraulichkeit von bestimmten Informationen
  • Erstellung von KI-Ethikregeln
  • Risikoanalyse

Wofür wurden KI-Tools eingesetzt?

74,2% für Kommunikation

40,4% für Allgemeine Recherche

7,9% für Screening Prozesse

 

Warum wurden KI-Tools nicht eingesetzt?

54,7% wegen Vorbehalten beim Datenschutz / Datensicherheit

35,2% aus zeitlichen Gründen („Keine Zeit“)

18,0% wegen ethischer Vorbehalte

14,1% da kein erkennbarer Nutzen erkennbar ist

28,2% aus anderen Gründen („Ich weiß nicht“)

Hier zeigt sich, dass Compliance und KI in der Zukunft ein sehr gravierendes Thema für Compliance Officer sein wird. Für 85% der Compliance Officer ist es wichtig, sich über die Technologie und die Auswirkungen von KI auf die Compliance jetzt und in der Zukunft auf dem Laufenden zu halten.

Es müssen in der nahen Zukunft zwingend Regularien im Compliance-Bereich erarbeitet und in das bestehende Regelwerk eingearbeitet werden. Ausdrücklich gilt dies nicht nur für den organisatorischen Bereich, zum Beispiel für Mitarbeiter oder Lieferanten sowie die Kundenstruktur, sondern knapp 80% der Compliance-Beauftragten sehen diese auch zwingend für den ethischen Aspekt im unternehmerischen Umfeld.

Nein, die KI wird kein Ersatz für die berufliche Zukunft des Compliance Officers!

 

Zwar stimmen knapp 70% der befragten Compliance-Fachkräfte der Einschätzung zu, dass die KI den täglichen Arbeitsprozess im Unternehmen erheblich beeinflussen und verändern wird, doch die Gefahr des kompletten Ersatzes für den Menschen durch die KI sehen die Compliance-Fachkräfte nicht.

 

Daher ist das Berufsbild des Chief Compliance Officers gesucht und die Bedeutung und Ausbildung im Compliance-Bereich wird in den nächsten Jahren noch deutlicher ansteigen als bisher – in allen Unternehmen, gleich welcher Größe und aus welcher Branche, wächst der Bedarf an ausgebildeten Fachkräften für diesen Bereich.

 

Informationen zu unseren Compliance-Ausbildungen finden Sie hier:

Certified Compliance Officer

Certified Chief Compliance Officer

Compliance-Spezialisierungen

Certified ESG Compliance Officer

Certified Export Compliance Officer

Certified Tax Compliance Officer

Certified IT Compliance Officer

 

Rückblick:

Das Thema KI und Unternehmen im Zusammenhang mit Compliance finden sie ausführlich auch in diesen älteren Blogbeiträgen, die aber an Aktualität nichts verloren haben:

Compliance und Konzerne

https://www.wirtschaftscampus.de/compliance-focus/2018/02/

Compliance und Ethik-Leitlinien

https://www.wirtschaftscampus.de/compliance-focus/2019/07/

 

Epilog:

„Nachdem wir das Feuer erfunden hatten, haben wir uns ein paar Mal dumm angestellt und dann den Feuerlöscher erfunden. Bei mächtigeren Technologien wie hoch entwickelter KI sollten wir uns vorher Gedanken machen und große Mühe geben, gleich alles richtig zu machen. Denn womöglich haben wir nur diese eine Chance.“

Stephen Hawking (* 8. Januar 1942 in Oxford, England; † 14. März 2018) – britischer theoretischer Physiker und Astrophysiker